DiaLogo - der Logopädiepodcast

Mira Lorenzen-Fischer, Katharina Fulle und Maren Wallbaum

Projekt DiKoST-T: Digitale Kompetenzen in der Sprachtherapie (Folge 09)

Zu Gast: Birte Alber

20.02.2025 22 min

Zusammenfassung & Show Notes

In der aktuellen Folge des Göttinger Podcasts DiaLogo ist Birte Alber von der Universität Bremen zu Gast. Wir sprechen über das Thema digitale Kompetenzen von Fachpersonen in Sprachtherapie und Sprachförderung. Birte berichtet von dem Projekt DiKoST-T (Digitale Kompetenzen von Sprachtherapeut*innen – Therapieren). In diesem wird ein Kompetenzrahmen für die Abbildung digitaler Kompetenzen entwickelt. Wir sprechen über die notwendigen Kompetenzen im therapeutischen Alltag und daraus resultierenden Handlungsfelder.  
 
Shownotes:
Mehr zum Projekt DiKoST-T:

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Transkript

Herzlich willkommen beim Göttinger Dialogo. Wir sind Maren und Mira und schauen heute auf das Thema Digitale Kompetenz in der Logopädie. Dafür freuen wir uns ganz doll, Birte Alber von der Universität Bremen zu Gast zu haben. Hallo Birte.
Birte
00:00:26
Hallo, moin.
Mira
00:00:28
Schön, dass du da bist. Magst du einmal kurz erzählen, wer du bist und was du so machst, damit unsere Zuhörer dich ein bisschen kennenlernen können?
Birte
00:00:35
Ja klar. Vielen Dank erstmal für die Einladung. Mein Name ist Birte, das habt ihr schon gesagt. Ich bin Logopädin und arbeite derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bremen. Da bin ich bei Prof. Dr. Anja Starke im Team des Förderschwerpunkts Sprache und das Ganze im Studiengang inklusive Pädagogik. Und im Rahmen meines Dissertationsprojekts beschäftige ich mich derzeit mit den digitalen Kompetenzen von SprachtherapeutInnen.
Mira
00:01:01
Okay, cool. Also wir haben uns natürlich auch schon ein bisschen auf das DiKoST-T-Projekt Digitale Kompetenzen in der Sprachtherapie vorbereitet und würden gerne einmal wissen, was steckt denn hinter dem Projektnamen DiKoST-T?
Birte
00:01:15
Also das ist ein Akronym, wie so oft in so Projekten. Die steht für Digitale, Co. Für Kompetenzen und ST für Sprachtherapie bzw. SprachtherapeutInnen.
Mira
00:01:26
Okay. Bei Digitalisierung denkt man ja immer sofort an die Technik. Heißt das, dass jetzt alle LogopädInnen nebenberuflich ITlerInnen werden müssen?
Birte
00:01:36
Nee, das natürlich nicht. Aber auch in der Logopädie nimmt ja der Einsatz neuer Technologien wie in anderen Bereichen auch immer weiter zu. Sei es zur Bewerkstelligung organisatorischer Aufgaben wie Abrechnung oder Terminvergabe, aber eben auch in der Therapie selbst. Und es finden sich ja auch zum Beispiel Apps, die analoge Materialien ergänzen oder setzen können. Und der Einsatz dieser Technologien sollte aber gerade, wenn er im Kontakt mit Patientinnen und Patienten passiert, ja keinesfalls unreflektiert erfolgen. Es handelt sich ja schließlich um eine vulnerable Gruppe von Menschen. Und da müssen zum Beispiel Themen wie sicherer Umgang mit Daten oder Qualität der App mitgedacht werden. Und auch Medien sollten, wie halt andere Faktoren für die Therapie, bewusst und gezielt eingesetzt werden. Und entsprechend sollte natürlich auch bereits die Auswahl begründet und evidenzbasiert erfolgen. Das heißt in der Folge, dass es eben nicht nur ein Minimum an technischem Know-how bedarf, also so im Sinne von installieren und öffnen einer Anwendung, sondern eben Kompetenzen, die diesen reflektierten, verantwortungsbewussten und auch evidenzbasierten sprachtherapeutischen Einsatz ermöglichen. Das heißt, digitale Kompetenzen sind eben nicht gleichzusetzen mit technischem Wissen oder einem IT-Studium, sondern umfassen eben tiefergehendes Wissen oder auch Einstellungen und eine Handlungsebene. Und da gibt es tatsächlich in der Logopädie Sprachtherapie noch ziemlich wenig zu.
Maren
00:03:00
Ab wann würdest du denn sagen, dass LogopädInnen oder SprachtherapeutInnen als digital kompetent wirken oder gelten?
Birte
00:03:08
Das ist eine gute Frage. Und da habe ich mich tatsächlich auch im Rahmen meiner Recherchen länger mit beschäftigt und bin da auf das Problem gestoßen, dass es zwar unterschiedliche Kompetenzbeschreibungen in der Logopädie gibt, also sowohl national als zum Beispiel im europäischen Rahmen. Aber da gibt es nur ganz, ganz vereinzelt und auch nur minimale Hinweise zum Einsatz von Medien in der Logopädie. Und auch diese Beschreibungen bleiben total allgemein. Also da steht dann sowas wie neue Technologien und Innovationen in den Therapieprozess integrieren. Ja, danke. Damit kann man total viel anfangen. Und entsprechend fehlt es tatsächlich oder fehlte es an konkreten Kompetenzbeschreibungen, gerade in Bezug auf den Technologieeinsatz. Und das gibt es zum Beispiel in anderen Feldern. Also zum Beispiel in der Lehrerbildung, da gibt es pädagogische Rahmen, die solche Kompetenzen beschreiben, aber für die Logopädie eben nicht. Und dann habe ich überlegt, okay, können wir vielleicht diese pädagogischen Kompetenzrahmen auf die Logopädie übertragen. Das macht aber wenig Sinn, weil die einfach doch ganz andere Aufgabenfelder haben als wir. Also Unterricht gestalten ist halt doch was anderes als therapieren zum Beispiel. Und deshalb habe ich mich dann innerhalb eines Teilprojekts meiner Dissertation damit beschäftigt, so einen Katalog für das logopädische Handlungsfeld Therapieren zu entwickeln.
Mira
00:04:30
Okay, spannend.
Birte
00:04:32
Und das ist dann DiKOST-T geworden. Ja, genau.
Mira
00:04:35
Und welche Aspekte deckt dieser Kompetenzrahmen ab, den du da entwickelst?
Birte
00:04:40
Also in dem habe ich versucht, aus bestehenden Kompetenzrahmen, die es für die Logopädie gab, Aufgabenfelder beziehungsweise auch Kompetenzen zu identifizieren, in denen digitale Medien mitgedacht werden sollten oder könnten. Und da habe ich insgesamt drei digitale Kompetenzbereiche identifizieren können. Das sind dann sowas wie PatientInnen- und kontextsensibles Therapieren oder evidenzbasiertes Vorgehen. Und innerhalb von diesen drei Bereichen wurden dann nochmal acht Unterkategorien gefunden. Das wäre dann für das eine Feld zum Beispiel das Auswählen und Anpassen von Therapievariablen, halt konkret dann auf Medieneinsatz bezogen. Und weil es eben einen Unterschied macht, ob ich da einfach etwas theoretisches Wissen zu habe oder ob ich dann wirklich ein Vorgehen beschreiben kann oder dieses Vorgehen sogar handelnd umsetzen kann, gibt es dann für diese Unterstufen oder Unterbereiche nochmal drei Kompetenzstufen, die ausformuliert wurden. Vielen Dank.
Maren
00:05:45
Hast du da mal so ein praktisches Beispiel zu, weil du sprachst jetzt davon, ich muss etwas theoretisch können, dann muss ich es auch irgendwie umsetzen können. Könntest du uns da mal ein Beispiel irgendwie näher bringen anhand zum Beispiel von einer Kompetenz?
Birte
00:05:59
Ja, also wenn wir jetzt wirklich daran denken, dass in der Therapiesituation eine App zum Beispiel oder ein Programm eingesetzt werden soll, dann macht es ja einen Unterschied, ob ich konkrete Einsatzmöglichkeiten einfach benennen kann. Also das wäre dann sowas wie, ich kann spezifische Therapie-Settings nennen oder den Kontext für den Einsatz der App zum Beispiel benennen wirklich und vielleicht auch einen zielgerechten und adressatengerechten Einsatz beschreiben im ersten Sinne. Und im zweiten Schritt, also dieses wirkliche Beschreiben und vielleicht auch das Vorgehen beschreiben, da geht es dann wirklich darum, individuelle, methodische oder auch kontextuale Voraussetzungen zum Beispiel für den App-Einsatz oder für den Einsatz anderer digitaler Medien in der Therapie beschreiben zu können und auch abzuwägen, was ist für die oder den Patienten jetzt eigentlich sinnvoll an der Stelle. Und die dritte Stufe wäre ja dann wirklich diese geplanten Therapieszenarien, Einheiten oder auch Sequenzen wirklich umzusetzen und dabei die Technik oder Technologie sachgerecht, also PatientInnen bezogen, Kontext angemessen und ähnliches wirklich durchzuführen. Okay, danke. Genau, das wären so die drei Stufen.
Maren
00:07:15
Und ihr konzentriert euch ja hauptsächlich auf den Themenbereich Therapieren. Warum habt ihr das für so besonders wichtig erachtet?
Birte
00:07:24
Also im Handlungsbereich Therapieren habe ich mich aufgehalten, weil wir gerade in dem Handlungsfeld der Logopädie natürlich einen direkten Einfluss auch auf andere Personen nehmen können zumindest. Das heißt, die Verantwortung, die wir in der Situation tragen, ist wirklich hoch. Vulnerable PatientInnen, die wir da irgendwie vor uns sitzen haben. Und zusätzlich ist ja das Therapieren tatsächlich so, ich sage mal, der Großteil im besten Falle zumindest dessen, was LogopädInnen in der Praxis wirklich tagtäglich tun. Das heißt, inklusive Vor- und Nachbereitung haben wir einfach im besten Falle, wenn nicht die Verwaltung überhand nimmt, wirklich einen großen Anteil an Zeit, den wir wirklich mit den PatientInnen gemeinsam gestalten. Von daher macht das schon mal einen großen Anteil unserer Arbeit aus. Und irgendwo muss man ja starten und seine begrenzten Ressourcen einsetzen. Und da haben wir uns dann jetzt erstmal auf dieses so zentrale Handlungsfeld in der Logopädie fokussiert. Aber es ist natürlich total wünschenswert, dass auch andere Handlungsfelder wie Diagnostizieren, Prävention oder Dokumentieren auch langfristig, mittelfristig, wie auch immer, eine Beschreibung von solchen digitalen Kompetenzen erhalten, um da auch entsprechend in Aus- und Weiterbildung gezielt Ziele formulieren zu können und auch die Veranstaltungen gestalten zu können.
Maren
00:08:43
Das klingt total logisch, auf jeden Fall. Ich meine, das Therapieren ist dann ja häufig tatsächlich unser Herzstück von dem, was wir dann tun in der Praxis. Klar, muss man dafür auch diagnostizieren zum Beispiel, aber grundsätzlich läuft es ja immer auf die Therapie hinaus.
Birte
00:08:56
Genau. Ja, vielleicht könnte man ja noch überlegen, ob man oder zumindest überprüfen, ob die Handlungsfelder diagnostizieren oder auch Prävention, ob da vielleicht Schnittmengen mit den digitalen Kompetenzen aus dem Handlungsfeld Therapieren vorliegen. Die sind ja irgendwie benachbart. Also da gibt es bestimmt ein bisschen Schnittmengen, auch wenn es da bestimmt vielleicht noch andere Kompetenzbereiche gibt, die man dann mitdenken müsste.
Mira
00:09:19
Ja, okay. Du hattest gerade schon mal in der Frage vorher Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen angesprochen. Gibt es denn bereits Weiterbildungsmaßnahmen, die auf Basis des entwickelten Kompetenzrahmens basieren? Oder ist der noch gar nicht so weit, dass man sagen kann, daraus kann man Weiterbildungsmaßnahmen ableiten?
Birte
00:09:39
Also tatsächlich gibt es meines Erachtens nach, ich wüsste zumindest nichts davon, noch keine Weiterbildungsmaßnahmen. Aber tatsächlich bin ich gerade im Rahmen meiner Doktorarbeit dabei, ein Seminarkonzept mit Juliane Leinweber zusammen zu entwickeln. Also zum Thema App-Auswahl und Einsatz in der Sprachtherapie. Also natürlich nicht für alle digitalen Kompetenzen aus dem Handlungsfeld, sondern nur für eine kleine Auswahl dessen. Und dieses Seminar wird jetzt dann im April. In dem Sommersemester, das dann startet, im Bachelorstudiengang, Therapiewissenschaften bei den LokopädInnen an der HWK Göttingen im achten Semester dann durchgeführt und auch evaluiert. Also um zu schauen, ob das, was wir uns da theoretisch sozusagen überlegen, auch wirklich in der Praxis später ankommt.
Mira
00:10:26
Ach cool, das ist ja eine coole Idee. Und wir hatten ja vor zwei Folgen schon mit Nina Kopp über den Bars gesprochen. Ist das dann auch das Tool, was im Rahmen des Seminars angewendet werden würde?
Birte
00:10:38
Genau, das ist ein Teil. Also eine Veranstaltung wird sich mit dem Bars beschäftigen. Das ist ja eine Veranstaltung, die über das gesamte Semester laufen wird. Das heißt, es geht wirklich darum, diesen gesamten Auswahlprozess und auch den Therapieplanungsprozess anhand von Fallbeispielen wirklich einmal zu durchlaufen und da auch wirklich zu schauen, okay, worauf muss man an welcher Stelle eigentlich achten. Und ja, durch diese Fallbeispiele und auch das strukturierte Vorgehen sowie auch reflexive Elemente, also immer wieder dieses Einschätzen, was tue ich da eigentlich gerade und wofür ist das eigentlich gut und wie schätze ich da meine Kompetenz jetzt schon ein, ist halt das Ziel, dass da auch wirklich so ein allumfassender Entwicklungsschritt bei den Studierenden hervorgerufen wird im besten Fall. Also im Sinne von Clinical Reasoning oder diese Entscheidungsfindungsprozesse auch wirklich mal aktiv zu durchdenken und nicht nur irgendwie ein Vorgehen zu haben, dem ich nachkomme und das unreflektiert so hinzunehmen. Die DozentInnen haben gesagt, ich soll das so machen, also mache ich so. Nee, eben nicht, sondern dass man wirklich immer wieder diese Schleife dreht und sein eigenes Handeln nochmal durchdenkt.
Mira
00:11:49
Spannend, ja. Auch wenn sich natürlich viele immer so ein stringentes Vorgehen wünschen, wonach man handeln kann, finde ich es total cool, dass ihr nochmal so mitdenkt, naja, man sollte vielleicht auch immer nochmal reflektieren, passt das gerade genau so dieser Handlungsleitfaden oder muss ich vielleicht auch aufgrund bestimmter Umstände da nochmal selbst reflektieren und umdenken. Ja, cool.
Birte
00:12:08
Genau, also es wird natürlich ein strukturiertes Vorgehen sein, aber eben dieser Schritt weiter, dieses dann trotzdem immer wieder auch auf einer persönlichen Ebene anzugehen.
Maren
00:12:18
Aber das spricht dann ja auch wieder für eine höhere Handlungskompetenz oder grundsätzliche Kompetenz, wenn ich mein Handeln auch überhaupt hinterfragen kann. Also wenn ich sozusagen feststellen kann, okay, ich habe das jetzt strukturiert durchgeführt, an welchen Stellen muss ich vielleicht auch abweichen und entscheide mich vielleicht auch bewusst dafür, gerade natürlich in der App-Auswahl, vielleicht gewisse Einschränkungen in Kauf zu nehmen, weil es entweder nichts anderes gibt oder vielleicht andere Punkte irgendwie überwiegen. Klar, da haben wir auch schon mehrfach drüber gesprochen. Es gibt natürlich Dinge, die man nicht einfach so unter den Tisch fallen lassen kann, wie Datenschutz beispielsweise. Aber natürlich andere vielleicht dann schon eher unterentscheiden, ich bin kompetent genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Wenn ich jetzt sozusagen Logopädin schon bin und ich habe nicht den Genuss dieses Studiengangs und kann dann noch euer Modul belegen, wie kann ich mich denn da weiterbilden? Also gibt es da schon irgendwas oder hast du irgendwelche Tipps, wie wir anfangen können?
Birte
00:13:13
Also tatsächlich ist natürlich die Überlegung, dass aus diesem Seminar irgendwie Unterlagen erwachsen, die dann vielleicht auch angepasst werden können für schon aktiv in der Praxis arbeitende LogopädInnen. Aber ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, sich offen zu halten hinsichtlich digitaler Medien. Ich glaube, ganz viel Angst macht Dinge kaputt. Also so Technikakzeptanz ist so der erste Schritt in einem kleinen Maße. Und da dann einfach, wie wir es bisher auch immer bei allem Material und Einsatz von irgendwelchen Methoden gemacht haben, das wirklich PatientInnen orientiert zu durchdenken und ein bisschen Zeit zu investieren, zu gucken, okay, was gibt es auf dem Markt? Wie ist das vielleicht für meine Patientin, meinen Patienten sinnvoll anzugehen oder anzuwenden und den Bars gegebenenfalls, wenn man sich unsicher ist, auch wirklich mal anzuwenden, um zu schauen, ist diese App, die ich mir da überlegt habe, überhaupt sicher? Ist die qualitativ eigentlich für mein Kind, meinen Patienten, meine Patientin geeignet? Ich glaube, diese Offenheit ist total wichtig, sich beizubehalten und dieses kritische Hinterfragen eigenen Handelns. Ich glaube, damit kann man nichts falsch machen.
Mira
00:14:29
Mich würde noch mal interessieren, wie detailliert dieser Kompetenzrahmen ist. Also auch die digitale Welt verändert sich ja stetig und vor ein paar Jahren waren schon PCs in Praxis oder sind es vielleicht immer noch eine Neuheit. Aber es kommen ja auch zunehmend dann, wie du schon sagst, die Apps hinzu. Es gibt zunehmend das Feld der künstlichen Intelligenz, was irgendwie integriert werden soll. Verändern sich damit auch notwendige digitale Kompetenzen oder sind die so allgemein formuliert, dass das irgendwie für alle digitalen Technologien gleichermaßen abgebildet werden kann?
Birte
00:15:04
Also es stimmt, es verändert sich so schnell. Gerade KI hast du gerade schon angeschnitten. Das ist etwas, ein riesen neues Feld, das jetzt auch schon wieder so weit ist und so schnell voranschreitet. Tatsächlich sind die Entwicklungen im digitalen Bereich auch in der Sprachtherapie natürlich etwas, wo wir immer Chancen sehen, aber eben auch Risiken abwägen müssen. Und ich glaube, dieses Ampuls der Zeit bleiben heißt halt nicht, jede Technologie ausprobiert zu haben und zu wissen, was die eigentlich kann, sondern eher diese Idee zu haben, ich gehe kritisch mit Dingen um. Ich glaube, dass es viel wichtiger ist, grundlegendere Kompetenzen tatsächlich zu beschreiben. Das ist zumindest meine Meinung. Das heißt, dass man diese Entwicklungen, die ja einfach unabwendbar sind, im Sinne der Patientin oder auch der Evidenzbasierung einschätzen zu können und auch die Umsetzung oder Anwendung begründet und therapeutisch sinnvoll gestalten zu können. Denn nur weil es was Neues gibt, heißt es ja nicht automatisch, dass es für alle Personen, Situationen und Umstände total sinnvoll ist, das einzusetzen. Und alle anderen Dinge und Maßnahmen, die wir bisher gemacht haben, ersetzt werden sollten. Also ich glaube, diese individuellen Entscheidungs- und Planungsprozesse, dass die verantwortungsbewusst und evidenzunterstützt getroffen werden, das denke ich, das sind die digitalen Kompetenzen, die auch zukunftsfähig sind und weiterhin Bestand haben, unabhängig von technischen Neuheiten. Und dahingehend ist auch der DiKoST-Tausgelegt, dass das eher nicht auf eine spezifische Technologie ausgelegt ist, sondern wirklich diese breitere Sicht hat und da die Kompetenzen beschrieben werden.
Mira
00:16:47
Okay. Du hattest ja gesagt, dass ihr jetzt mit dem DiKoST-T schon so eine Art Seminarstruktur aufgestellt habt, die ihr jetzt prüfen wollt, evaluieren wollt. Das klingt so wie, wir dürfen vielleicht bald mit den Erstseminaren auf dem öffentlichen Markt rechnen. Ja, nein. Wie viel Zeit, wie lange müssen sich die KollegInnen noch gedulden, um vielleicht sich auch in diesem Bereich mit diesen Seminarthemen auseinandersetzen zu können und weiterbilden zu können? Kann man das überhaupt schon abschätzen?
Birte
00:17:16
Ja, kommt ein bisschen drauf an jetzt, wie schnell ich meine Diss beendige, würde ich sagen. Man muss dazu sagen, man hat ja auch noch, man versucht es zumindest ein Privatleben zu haben. Ich habe drei Kinder, aber ich bin dran und hoffe, dass wenn jetzt diese Seminarstruktur sich als ganz gut erweist, dass dann der nächste Schritt, nämlich das Übertragen auf die Praxis nicht mehr so weit ist. Gerade jetzt auch im Bereich Open Educational Resources kann man, denke ich, da schneller einfach auch Dinge mal auf den Markt werfen oder Leute versorgen, als es noch vor längerer Zeit der Fall war, als irgendwie erstmal ein Buch geschrieben werden musste. Ich glaube, in der heutigen Zeit sind manche Wege kürzer geworden, aber ich hoffe einfach, dass wir da nicht zu weit von entfernt sind und dass auch andere wirklich sich auf den Weg machen und unabhängig von meiner Seminarsruktur vielleicht das, was ich da mit meinen KollegInnen erarbeitet habe, nutzen für ihre Weiterbildungs- oder Ausbildungsmaßnahmen. Das würde ich mir wünschen.
Maren
00:18:20
Das klingt nach einem superschönen Ausblick irgendwie oder einem superschönen Wunsch. Und daher würde ich jetzt einfach mal unsere Endfrage einleiten. Wenn du zusätzlich noch einen Wunsch frei hättest, was wäre das denn dann?
Birte
00:18:34
Puh, also ja, ganz allgemein Weltfrieden, aber ich glaube, das war nicht die Frage. Themenbezogen würde ich mir tatsächlich wünschen, dass wir in der Auseinandersetzung mit dem Thema digitale Medien die Einzelfall-Ebene mehr in den Blick wieder nehmen und diesen PatientInnenbezug nicht aus den Augen verlieren. Und meiner Wahrnehmung nach wird manchmal sehr schwarz-weiß gemalt. Entweder man lehnt digitale Medien und deren Einsatz komplett ab, weil man hat Berührungsängste oder irgendwie ist einem das nicht so ganz geheuer oder man hat Angst, dass die persönliche Connection zu den PatientInnen verloren geht. Und auf der anderen Seite hat man das Gefühl, dass es Menschen gibt, die sagen, ja, wir müssen jetzt bei allen irgendwie digitale Medien einsetzen und jeder muss mit einer App versorgt werden, weil so. Und ich glaube, dieses Schwarz-Weiß-Malen oder Denken ist nicht gerade förderlich, zumindest nicht auf Einzelfall-Ebene, auf PatientInnen-Ebene. Weil manche kriegen dann einfach keine digitalen Medien, obwohl sie geeignet werden, weil Ablehnung durch die Therapeutin und andere müssen, obwohl sie vielleicht gar nicht dafür geeignet werden unbedingt. Von daher würde ich mir da einfach einen bunten Diskurs wünschen. Also wirklich Diversität auch in diesem Bereich und immer zu schauen, okay, was braucht die Einzelperson hier gerade? Was kann das System auch leisten? Und das aber auch auf die Forschung übertragen. Also da wirklich auch mal zu gucken, ja, in welchem Setting macht es denn Sinn, was, wie, bei wem einzusetzen? Seien es die großen Studien, seien es aber vielleicht auch die kleinen Einzelfallstudien, die auch so wichtig sind, um da wirklich nochmal konkreter reinzugucken, okay, was wirkt denn da genau und wie können wir diese Wirkweise vielleicht noch hochdrehen. Sei es jetzt durch App-Einsatz oder durch therapeutisch anderes Vorgehen. Also das wäre so mein frommer Wunsch an der Stelle.
Mira
00:20:28
Ja, das klingt nach total schönen Gedanken und ich finde, wir haben auch über ganz viele verschiedene Punkte besprochen, aber ich finde gerade dein Schlusswort ist das, was ich insbesondere nochmal mitnehmen möchte, einfach dieses nicht schwarz-weiß, weil ich glaube, dass das wirklich was ist, was ganz häufig sich widerspiegelt in der Praxis, aber dieses wirkliche, was ja auch im Kompetenzrahmen abgebildet wird, reflektiertes Handeln, wann und warum setze ich Technik eigentlich, ich setze sie pauschal ein oder ich setze sie pauschal nicht ein. Das ist das, was ich auf jeden Fall mitnehme heute und was ich einfach vielleicht auch nochmal einen neuen Ansatz finde, den vielleicht noch nicht jeder so berücksichtigt. Vielen Dank dafür. In der nächsten Folge geht es dann um das Identitätsgefühl und die Lebensqualität in der Sprachtherapie, worauf wir uns auch schon sehr freuen. Das war es auch schon wieder mit dem Göttinger Dialogo. Vielen Dank fürs Zuhören. Und wenn ihr Fragen, Anregungen zu dem Thema habt oder noch weitere Ideen, die wir mal aufgreifen sollen, dann schreibt sie uns gerne per Mail. Die Adresse findet ihr wie immer in den Shownotes. Wir hoffen, dass euch die heutige Folge gefallen hat und ihr auch beim nächsten Mal wieder mit dabei seid und ob wir uns schon auf die nächste Folge freuen mit spannenden Themen und Gästen, na logo!

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