Digitale Gruppentherapien mit Menschen mit Aphasie (Folge 08)
Zu Gast: Bianca Spelter
20.01.2025 22 min
Zusammenfassung & Show Notes
Zu Gast in der achten Folge des Göttinger DiaLogo ist Bianca Spelter vom Gesundheitscampus Göttingen.
Wir sprechen über das Thema digitale Gruppentherapie bei Menschen mit chronischer Aphasie und insbesondere über das Potential der Umsetzung von Gruppentherapien im digitalen Raum. Bianca berichtet von der Graphentheorie, mit deren Hilfe die Netzwerkstrukturen innerhalb der Gruppe analysiert werden können.
Viel Freude beim Reinhören und -schnuppern in dieses (neue) Thema!
Shownotes:
Promotionskolleg für Digitalisierung: https://www.hawk.de/de/forschung/promovieren/fachgruppen/promotionskolleg-digitalisierung-fuer-gesundheit
Wir sprechen über das Thema digitale Gruppentherapie bei Menschen mit chronischer Aphasie und insbesondere über das Potential der Umsetzung von Gruppentherapien im digitalen Raum. Bianca berichtet von der Graphentheorie, mit deren Hilfe die Netzwerkstrukturen innerhalb der Gruppe analysiert werden können.
Viel Freude beim Reinhören und -schnuppern in dieses (neue) Thema!
Shownotes:
Promotionskolleg für Digitalisierung: https://www.hawk.de/de/forschung/promovieren/fachgruppen/promotionskolleg-digitalisierung-fuer-gesundheit
Du erreichst das DiaLogo-Team per E-Mail: logopaedie.gcg[at]hawk.de
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Transkript
Dialogo, der Logopädie-Podcast des Gesundheitscampus Göttingen.
Herzlich willkommen beim Göttinger Dialogo. Ich bin Maren und schaue heute auf
das Thema Gruppentherapie bei Menschen mit Aphasie.
Dafür haben wir heute wieder einen neuen spannenden Gast bei uns,
und zwar Bianca Spelter.
Hallo Bianca, schön, dass du da bist. Magst du einmal Mal kurz erzählen,
wer du bist und was du so machst.
Hallo, ja, ich freue mich auch sehr, da zu sein. Ich bin Bianca.
Ich bin gelernte Logopädin und habe einen Master in Neurolinguistik und arbeite
jetzt seit fünf Jahren in Göttingen an der HAWK und beschäftige mich dort mit
dem Thema Digitalisierung in der Logopädie bei vor allem Aphasie.
Das ist total spannend, vor allem weil du dich ja mit einem Thema beschäftigst,
was vielleicht in der Allgemeinheit noch nicht so richtig bekannt ist.
Ich kann zu Beginn auch direkt mal verraten, dass ich auch noch nicht so im
Thema bin und wir uns vielleicht gemeinsam auf eine Reise begeben zu deinem
Thema, um auch zu verstehen, was da Spannendes erforscht wird.
Magst du einmal grundlegend umreißen, was du machst?
Ja, also es geht grundsätzlich um Videotherapie für Menschen mit Aphasie und
wir haben in unserem Projekt Telenahaktiv.
Habe ich gemeinsam mit meiner Kollegin Lara Dielmann den Therapieansatz nahaktiv digital durchgeführt.
Also es ist ein Ansatz, der aus Einzeltherapien und Gruppentherapien besteht,
wo man hauptsächlich über das eigene Leben erzählen soll, also die Menschen
mit Aphasie über ihr Leben erzählen sollen.
Und der ist eben positiv evaluiert und es hat sich gezeigt, dass wenn man das
analog macht, face to face, ist, dass die Lebensqualität von den Menschen mit
Aphasie, die teilgenommen haben, auch langfristig gesteigert wurde.
Und deswegen haben wir uns überlegt, naja, über das Leben reden kann man doch
bestimmt auch über Videokonferenzen, warum nicht?
Und haben das ausprobiert und eben diese Einzel- und Gruppensitzungen digital durchgeführt.
Und im Rahmen meiner Promotion gucke ich mir eben ganz spezifisch die Gruppensitzungen an.
Das klingt total spannend. Als Erstes ist mir da so ein bisschen aufgeploppt.
Gruppentherapie in digital.
Wie kann das funktionieren? Wie kann das überhaupt umgesetzt werden?
Im Prinzip kennen wir ja alle seit Corona zu Genüge auch Videokonferenzen mit
mehreren Personen und genauso wird es umgesetzt.
Worauf wir achten, ist, dass wir kleine Gruppen haben.
Also damals, als dieser Therapieansatz das erste Mal analog durchgeführt wurde,
waren in den Gruppen schon so acht bis zehn Personen und wir haben gesagt,
wir wollen nicht mehr als vier Teilnehmende und eine Therapeutin in einer Gruppensitzung,
damit sich alle auch groß sehen können, die wir nicht mehr als vier Teilnehmende
Und es nicht nur so ganz kleine Kacheln auf dem Bildschirm sind.
Aber ansonsten kann man sich das eigentlich vorstellen wie eine ganz normale Videokonferenz.
Ja, das stimmt. Das haben wir natürlich auch alle jetzt mittlerweile fast immer.
Ich meine, wir sitzen auch gerade digital zusammen.
Hat natürlich wahrscheinlich auch viele Vorteile. Ich denke auch so an Entfernungen.
Kommt es dann auch vor, dass die PatientInnen sich überhaupt noch gar nicht
gesehen haben? Oder sorgt ihr dafür, dass vorher ein Treffen stattfindet?
Wie kann man sich das vorstellen?
Ja, also tatsächlich kannten sich die Personen gar nicht in den Gruppen.
Wir haben für unser Projekt deutschlandweit rekrutiert und sind da ehrlicherweise
auch pragmatisch vorgegangen und haben immer gesagt, wenn wir vier Leute haben,
die teilnehmen wollen, dann packen wir die in eine Gruppe und es geht los.
Und dadurch kam es auch, dass sie wirklich deutschlandweit verteilt saßen in
einer Gruppe und es gar nicht möglich gewesen wäre, die zu vernetzen.
Und genau, das war aber teilweise auch ganz nett, weil wir dann in einer Gruppe
zum Beispiel immer so die Gewohnheit hatten.
Am Anfang hat jeder erstmal erzählt, wie eigentlich bei ihm oder bei ihr gerade das Wetter ist.
Ah, in Hamburg, hier regnet es mal wieder und in Bayern sieht es gerade so aus
und das ist eigentlich immer so ein ganz netter Einstieg.
Ja, schön. Total. Ist aber auch spannend, mal in so ein Leben einzutauchen von
Personen, die man noch gar nicht gesehen hat und dann tatsächlich so als Kachel
hat. Also super spannend.
Das heißt, es geht ja bei euch oder bei dir um Netzwerkstrukturen.
Und was ist da ganz besonders in diesem Setting relevant?
Also welche Netzwerkstrukturen spielen da konkret eine Rolle?
Ja, also ich bin auf dieses Thema Gruppentherapien mit Netzwerkstrukturen zu
verbinden, vor allem gekommen, weil man in der Literatur immer wieder liest,
dass es halt in Gruppensitzungen irgendwie wichtig,
dass es auch zu Interaktionen wirklich zwischen allen kommt und dass jeder mal
mit jedem redet und dass halt gerade dieser Austausch zwischen allen wichtig ist.
Und gleichzeitig wissen wir ja, dass bei Menschen mit Aphasie die Kommunikation
nun mal beeinträchtigt ist und wir als TherapeutInnen in so einer Situation
natürlich auch viel steuern müssen.
Und deswegen sind so zwei Hauptnetzwerkstrukturen die sternförmige Struktur.
Also wenn wir jetzt die TherapeutIn als Mittelpunkt des Sterns sehen,
diese Vorstellung von der TherapeutIn spricht immer jeden Einzelnen an und fragt,
was sagst du denn dazu und was ist denn deine Meinung und deine Meinung.
Und so haben wir eher so einen Stern und gar nicht wirklich eine Interaktion
zwischen den Personen versus ein Netzwerk, wo man wirklich sieht,
alle sind mit allen verbunden und es gibt wirklich Interaktionen zwischen allen Teilnehmenden.
Mhm.
Und ist das bei Gruppentherapien oder im digitalen Raum dann noch mal was Besonderes
oder findet man diese Strukturen dort auch?
Das ist tatsächlich noch gar nicht so gut untersucht. Also ich bin da wirklich
die Erste, die sich das jetzt auch für digitale Gruppentherapien so anguckt.
Und selbst im analogen Bereich ist es eher was, was Menschen mit Aphasie berichtet
haben, dass ihnen das wichtig ist und weniger was, was schon sehr systematisch untersucht wurde.
Also was man sich aber, glaube ich, ganz gut vorstellen kann,
so eine Interaktionsdynamik ist schon digital anders.
Also ich habe ja eben schon den Vergleich gemacht zu unseren Videokonferenzen,
die wir so aus dem Alltag kennen.
Und es kann zum Beispiel ja gar nicht so zwei Einzelgespräche geben.
Also die ein, zwei Leute sich halt gerade unterhalten und die anderen beiden,
es geht ja digital zum Beispiel gar nicht.
Oder es ist oft auch viel, viel strukturierter, dadurch, dass manche zum Beispiel
aus ihren digitalen Selbsthilfegruppen das schon kennen mit dem Handheben,
und genau, dass es so ein bisschen strukturierter ist, was manche auch sehr genossen haben.
Also wir haben mit allen hinterher auch Interviews geführt und einer hat gesagt,
so würde ich mir das eigentlich auch zu Hause wünschen, dass wir alle immer
nacheinander reden, dann würde ich am Familientisch eigentlich auch alles viel besser mitbekommen.
Ja, total. Ich finde aber auch gerade vielleicht beim Digitalen,
was ich da manchmal erlebe, gerade in so privateren Runden, dass ich es eher
schwer finde, rauszufinden, wann ich anfangen kann zu sprechen.
Wann ist der andere fertig? Also wann ist mein Gegenüber fertig mit Sprechen?
Und da habe ich das Gefühl, im analogen Setting kann ich vielleicht Mimik,
Gestik, Intonation besser deuten.
Und im digitalen Raum passiert es doch häufiger mal, dass es zu Überschneidungen kommt.
Ist das bei euch auch Thema oder ist das eher sowas, was vielleicht im privateren Kontext vorkommt?
Nee, das war auf jeden Fall auch Thema und vor allem auch in Bezug oder in Zusammenhang
mit technischen Schwierigkeiten.
Ich hatte zum Beispiel eine Probandin dabei, die sehr schlecht das Internet
bei sich zu Hause hatte und bei ihr kam immer alles verzögert an.
Und dann hat sie so reagiert, wie es bei ihr ankam. Und wir waren aber schon
so einen halben Punkt weiter.
Was irgendwann dazu geführt hat, dass sie total gehemmt waren.
Gesagt hat, ich traue mich gar nichts mehr zu sagen, weil ich rede dann immer bei euch rein.
Weil es bei mir halt zu spät ankommt. Das war natürlich total schade.
Total. Also ich meine, allein so technische Hürden sind vielleicht auch gerade
in der Zielgruppe manchmal schwierig.
Wir sprechen ja von Patientinnen mit Aphasie wahrscheinlich eher von einer älteren
Altersgruppe. Zumindest so im Durchschnitt.
Gibt es da tatsächlich technische Probleme oder sind wir als Gesellschaft mittlerweile
so weit, dass man sagt, okay, einen digitalen Raum kann jeder betreten und weiß,
wie er sich dort zu verhalten hat und was technisch einfach möglich ist?
Nee, also wir hatten da noch viel zu tun.
Wir hatten in unserer Studie eine total breite Stichprobe, also der jüngste
Proband war 28 und die älteste Probandin war 87.
Und entsprechend variierend waren auch die Technikkompetenzen.
Manche hatten überhaupt gar kein Problem, das zu nutzen.
Dann hatten wir viele, die sehr oft gesagt haben, ach Mann, warum können wir
denn nicht einfach Zoom nutzen? Das kennen wir doch von unseren Selbsthilfegruppen. Das ist einfach.
Wir mussten aber eben ein datenschutzkonformes Programm nutzen,
was eben auch zertifiziert ist. Oh ja.
Das hat halt bei vielen auch so ein bisschen Frust geführt. So,
jetzt muss ich mich in ein neues Programm einarbeiten.
Das sieht ein bisschen anders aus. Die Knöpfe sind vielleicht woanders.
Und es gab aber auch Personen, die wirklich gar kein, also die eigentlich auch
gar kein Gerät zu Hause hatten, die noch nie in einer Videokonferenz waren,
davon gehört haben und dachten, das ist ja mal eine totale Chance oder wo die
Anregendes gehört haben.
Und so hatten wir zum Beispiel eine.
Da kam jedes Mal zur Sitzung, kam der Sohn mit seinem Laptop,
hat er den aufgebaut, alles angeschlossen, hat seine Mutter davor gesetzt und sie konnte teilnehmen.
Und es hat dann alles super geklappt mit dieser Unterstützung.
Das heißt, ein ganz großer Bestandteil dieser Gruppentherapie oder auch in der
Vorbereitung ist wahrscheinlich auch, Technik abzusichern und den Zugang erstmal
zu ermöglichen wahrscheinlich.
Ja, auf jeden Fall.
Total spannend, auch gerade so in dem Kontext, wir haben ja den komplexen Baustein Gruppentherapie,
dann noch im Digitalen und dann zusätzlich guckst du dir noch diese komplexe
Interaktion zwischenmenschlich an und dafür wendest du, wenn ich das richtig
verstehe, so ein bestimmtes Hilfsmittel an und zwar die Graphentheorie.
Das ist etwas, von dem habe ich noch gar nichts gehört.
Magst du einfach mal für den Anfänger, die Anfängerin erklären,
was ist eine Graphentheorie?
Ja, total gerne. Also ich muss auch direkt offenlegen, ich habe da auch vor
meiner Promotion nichts von gehört.
Und es geht einfach darum, mathematisch gesehen, dass man Netzwerke hat und
in so einem Netzwerk gibt es Punkte und Graden, die diese Punkte verbinden.
Und wir stellen uns jetzt in Bezug auf diese Gruppentherapien vor,
dass jede Person, die teilnimmt, einen Punkt darstellt.
Also wenn wir jetzt ein Netzwerk, gut, wir sind heute nur zu zweit,
wenn wir ein Netzwerk hätten, wäre ich jetzt einen Punkt und du wärst einen Punkt.
Und wenn eine Interaktion zwischen zwei Punkten stattfindet,
werden die halt verbunden.
Und je stärker diese Verbindung ist, also je mehr Interaktion da ist,
desto näher rücken die beiden Punkte im Netzwerk auch aneinander.
Und die Idee ist dann eben, wirklich rein über diese Quantität der Interaktion
schon mal zu gucken, wie sieht dieses Netzwerk eigentlich aus?
Also wie hat diese Gruppe eigentlich untereinander funktioniert?
Das heißt, wir haben am Ende ja so unter Umständen so ein ganz wildes Netzwerk
oder eine ganz wilde Abbildung, wenn die Punkte einfach sehr unterschiedlich sind.
Also es kann wahrscheinlich alles sehr eng zusammenrutschen,
aber es kann auch Unterschiede geben.
Also Punkte, die in der Mitte sind und Punkte, die vielleicht eher am Rand sind.
Genau und genau das ist das, was ich mir angucken möchte.
Zum einen möchte ich das eben relativ objektiv,
wirklich über diese Messungwer hat wie oft eigentlich mit wem interagiert
und dann habe ich aber als weiteres Erhebungsinstrument die Teilnehmenden nach
jeder Sitzung auch mit einem kleinen Fragebogen, also wirklich nur so sechs Fragen,
gefragt, wie habt ihr das eigentlich heute erlebt?
Hattet ihr das Gefühl, ich habe mich viel beteiligt, habe ich mit allen heute
gesprochen, wurde ungefähr gleich viel heute in der Gruppe gesprochen,
um eben das auch abzugleichen.
Wie ist das eigentlich mit Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung?
Genau, und dann gibt es eben in dieser Graphentheorie verschiedene Kennwerte, die man berechnen kann.
Also ich kann hinterher mir das eben nicht nur visuell anschauen,
sondern ich kann auch berechnen, wie dicht war dieses Netzwerk eigentlich.
Also wie gut waren jetzt eigentlich alle miteinander verbunden?
Oder ich kann mir eine einzelne Person angucken und mir anschauen,
wie zentral ist diese Person im System.
Oh ja, das kann ich mir total gut vorstellen. Das heißt, das ist jetzt ja erstmal
sozusagen die Quantität. Also du guckst dir an, wie häufig wird,
Zwischen welchen Personen interagiert. Guckst du dir auch die Qualität an,
also was für eine Interaktion stattfindet oder ist einfach ein reiner Zählmechanismus,
es reicht, wenn die Person beispielsweise nickt oder muss es eine verbale Interaktion
sein? Also wie kann man sich das vorstellen?
Also ich habe tatsächlich jetzt nur verbale Interaktionen. Ah, nicht nur.
Aber hauptsächlich, weil ich gedacht habe, gerade so im digitalen Raum,
du hast ja eben auch schon gesagt, es ist ja viel schwieriger,
das auch zu lesen, zu interpretieren.
Oder wir haben ja auch zum Beispiel den Blickkontakt nicht. Deswegen habe ich
das Nonverbale eigentlich ein bisschen rausgenommen.
Was mir aber trotzdem wichtig war, war offen zu sein für multimodale Kommunikationswege.
Weil wir auch Personen dabei haben, die sich vor allem auch in der Gruppe viel
darüber geäußert haben, dass sie in den Chat geschrieben haben,
weil das eben der einfachere Kommunikationsweg für diese Person war.
Oder auch Bildschirm teilen. Also wir reden über die Familie und alle erzählen was.
Und eine Person ist eben produktiv stärker eingeschränkt und teilt dafür den
Bildschirm und zeigt Fotos.
Und das war mir total wichtig, das auch zu zählen als gleichwertige Interaktion.
Genauso wie wenn jemand jetzt sagt, meine Frau heißt sowieso.
Also genau, und jetzt habe ich die zweite, da waren glaube ich zwei Fragen bei dir gerade drin.
Genau, es ging zusätzlich halt einfach grundsätzlich um die Qualität,
also ob du dir auch die Qualität der Äußerung anguckst, unabhängig oder abhängig
je nachdem von der Quantität.
Ja, also ich habe auf jeden Fall vor, das auch zu machen und das genau auch dann abzugleichen.
Also zu sagen, ich habe jetzt hier eben die quantitativen Daten und die qualitativen
Daten und dafür hole ich mir tatsächlich auch nochmal ein bisschen Unterstützung
fachlich und werde ab März vier Monate in Amerika sein,
an der University of Louisiana in Lafayette,
weil da Jamie Asios genau zu sowas forscht.
Also die haben sich genau schon Interaktionen qualitativ in Gruppensitzungen
angeschaut, weil ich glaube, dass das ganz, ganz wichtig ist,
auch noch drauf zu gucken, wie wird kommuniziert, was wird da eigentlich gesagt,
weil da auch sehr, sehr große Unterschiede sind.
Ja, das klingt total spannend. Das kann ich mir total gut vorstellen,
dass es natürlich sehr unterschiedlich ist und gerade natürlich bei Betroffenen
von Aphasie ja auch tatsächlich ganz große Unterschiede da sein können,
die einfach schon gegeben sind und man ja gar nicht von der gleichen Qualität
in der Grundlage ausgehen kann.
Also wahrscheinlich können nicht alle Betroffenen in einer ähnlichen Quali,
aber auch Quantität kommunizieren.
Ja, ganz genau. Und gerade wenn man dann auch an diese Netzwerke denkt,
ist es ja auch total wichtig, auch zu sehen, okay, da hat sich vielleicht jemand
gar nicht so viel beteiligt, aber für die Person und ihre sprachlichen Fähigkeiten war das total viel.
Deswegen war mir das eben wichtig, diese Selbsteinschätzung auch immer mit dabei zu haben.
Und wir haben aber auch überlegt, das auch noch mit einzurechnen in die Netzwerke.
Also zu sagen, je stärker die Aphasie ist, desto höher gewichten wir eigentlich eine Aussage.
Total. Ja, spannend. Konntest du denn schon tatsächlich Wirkmechanismen finden,
die bei Gruppentherapien wirken?
Jein, würde ich sagen. Also es ist so, dass wir jetzt wirklich Ende des Jahres
die Datenerhebung abgeschlossen haben und jetzt mit der richtigen Auswertung anfangen.
Deswegen würde ich mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollen und
schon irgendwas konkret sagen wollen.
Was ich mir auf jeden Fall als allererstes angeguckt habe, war die sogenannte Gruppenkohäsion.
Also dieses Gefühl von, ich gehöre zu einer Gruppe und ich bin Teil davon.
Weil ein Kritikpunkt bei digitalen Therapien, jetzt ganz egal ob Einzel- oder
Gruppe, ist sehr oft, da kann nicht so gut eine Beziehung aufgebaut werden.
Das ist so ein Bauchgefühl, was viele äußern, was ich auch erstmal total verstehen kann.
Und deswegen fand ich es spannend, mir das auch anzuschauen und habe das auch
wieder quantitativ und qualitativ gemacht.
Ich hatte einen Fragebogen, der nach der ersten Sitzung und nach der letzten
Sitzung ausgefüllt wurde, wo so etwas war wie, wir respektieren einander oder
wir waren distanziert und fremd und alle das einschätzen sollten.
Und wir haben nach der Intervention eben Interviews geführt und
Und da auch gefragt, wie war denn
die Gruppe für euch? Habt ihr euch wohl gefühlt? Was war dafür wichtig?
Und sowohl die quantitativen Daten als auch die qualitativen Daten haben eigentlich
gezeigt, die haben sich wohl gefühlt und sich auch als Gruppe gefühlt und gesagt, wir respektieren uns.
Es kamen auch so Aussagen wie, die Offenheit füreinander war da.
Es war wie so eine Gemeinschaft. Es war total spannend, von den anderen mal
zu hören. Wie gehen die eigentlich mit ihrer Aphasie um?
Und das fand ich schon mal als ersten Punkt, als ersten Wirkmechanismus total spannend.
Ja, das klingt auch total schön. Nach einer schönen Atmosphäre einfach.
Und auch eine Atmosphäre, die wahrscheinlich sehr produktiv dann sein kann.
Weil natürlich gerade Beziehungsstrukturen häufig ja der ausschlaggebende Punkt
für Therapieerfolg sein können zumindest. Oder auch häufiger sind.
Vielen Dank, das klingt total toll. Und auch schön, dass du die Datenhebung
schon abschließen konntest.
Da drücken wir die Daumen, dass du auf jeden Fall gut mit der Auswertung starten,
schrägstrich weitermachen kannst und freuen uns vielleicht auch mal irgendwann
nochmal von dann konkreten Erkenntnissen zu hören,
was wir vielleicht auch alle dann mitnehmen können für Gruppentherapie und auch
für vielleicht den Mut, diese mal digital umzusetzen.
Ja, voll gern.
Wir kommen langsam dann auch schon zum Ende. Ich habe wie immer eine abschließende Frage für dich.
Wenn du noch einen Wunsch zu diesem Thema frei hättest, welcher wäre das?
Ich glaube, mein Wunsch zu dem Thema wäre vor allem, dass das wirklich mehr
in die Versorgung kommt und dass Gruppentherapien generell, aber auch digitale
Gruppentherapien wirklich Einklang in der ambulanten Versorgung finden.
Weil zu Beginn meiner Promotion wollte ich meinen Fragebogen pilotieren und
habe Leute gesucht, die gerade ambulant Gruppentherapie bekommen für die Aphasie. Und zwar total schwer.
Alle haben gesagt, ich kenne das aus der Klinik, da hatte ich das.
Aber seit ich jetzt ambulant Logopädie bekomme, nicht mehr.
Und ich glaube, dass das ein total wichtiger Punkt ist in der Versorgung von
Personen mit chronischer Aphasie und würde mir total wünschen,
dass das mehr Einklang findet und glaube,
dass die Digitalisierung und die Möglichkeit von Videotherapie da eine totale
Chance sein kann, um eben zu sagen, okay, ich habe vielleicht jetzt hier in
meiner Stadt nicht vier, fünf Leute, die ich zusammenbringen kann,
aber warum gucken wir denn dann nicht in ganz NRW und vernetzen uns digital
zum Beispiel oder deutschlandweit?
Ja, da kann man dann hoffen,
dass es keine Hürden in der Abrechnung gibt und dass das alles ermöglicht,
aber total spannend und ich glaube auch von dem, was du erzählst,
dass man das total gut umsetzen kann und vielleicht auch auf andere Therapiebereiche übertragen kann.
Also hat sicherlich dann auch Potenzial, sich andere Störungsbilder,
andere Bereiche nochmal anzuschauen.
Vielen Dank, dass du bei uns warst. Wir haben heute irgendwie ganz viel besprochen
und ich habe ganz viel mitgenommen.
Ich habe mir unter Graftheorie was ganz anderes vorgestellt und nehme das jetzt auf jeden Fall mit.
Und vielleicht analysiere ich
ja auch die nächste Interaktion mal so ein bisschen mental nachpunkten.
Ich glaube, das kann man auch auf viele andere Dinge übernehmen oder anwenden.
Ich nehme daher irgendwie auch ganz viel Spannendes mit und vor allem irgendwie
dieses Potenzial von Gruppentherapien, gerade auch im digitalen Raum.
In der nächsten Folge schauen wir dann ein Stückchen in einen ähnlichen Bereich
und gucken uns einmal digitale Kompetenzen an.
Was bedeutet das für uns Logopädinnen und wie können wir diese ansetzen?
Und da freuen wir uns schon sehr auf unseren nächsten Gast.
Das war es dann auch schon wieder mit dem Göttinger Dialogo.
Vielen Dank fürs Zuhören und wenn ihr wie immer Fragen oder auch Anregungen
zu dem Thema habt, schreibt sie uns doch gerne per Mail.
Die findet ihr wie immer in den Shownotes und könnt sie dort nachlesen.
Wir hoffen, dass euch die heutige Folge auch gefallen hat und ihr auch so viel
spannende neue Dinge mitgenommen habt und auch beim nächsten Mal wieder mit dabei seid.
Und ob wir uns schon auf die neue Folge und weitere spannende Inhalte freuen, na loko!
Das war DiaLogo, der Logopädie-Podcast des Gesundheitscampus Göttingen.
Eine Kooperation der HAWK, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst,
Hildesheim/Holzminden/Göttingen und der UMG Universitätsmedizin Göttingen.
Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
00:11:40
Maren Wallbaum
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Bianca Spelter
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Maren Wallbaum
00:14:08
Bianca Spelter
00:14:17
Maren Wallbaum
00:15:00
Bianca Spelter
00:15:24
Maren Wallbaum
00:15:51
Bianca Spelter
00:16:01
Maren Wallbaum
00:17:41
Bianca Spelter
00:18:20
Maren Wallbaum
00:18:21
Bianca Spelter
00:18:33
Maren Wallbaum
00:19:31
Intro&Outro
00:21:13